Die Sache mit der bucket List – Wird Corona unsere Sicht auf fernreisen perspektivisch verändern?

Oh mein Gott! Ich bin heute in Gedanken ganz weit weg! Mein aktuell größter Traum ist es mit einem Camper durch Kanada zu reisen. In Zeiten von Corona gerade ziemlich unpassend obwohl ich merke, dass es mich immer stärker dorthin zieht. In diesem Zusammenhang fand ich auf meinem chaotischen Desktop eine Bucket List, die ich vor ca. 1,5 Jahren geschrieben habe. Heute frage ich mich: Benötigt der Mensch überhaupt eine Liste mit Zielen, Dinge und Orten, die er gerne erreichen, besitzen oder sehen möchte? Eine Bestandsaufnahme.

Wozu in die Ferne schweifen…?

11 meiner 26 Punkte auf der Liste haben direkt etwas mit dem Reisen in ferne Länder zu tun. Da steht unter anderem natürlich der Wohnmobil-Trip durch Kanada, eine Besteigung des Kilimandjaro, ein Vipassana Retreat in Südafrika oder Hiken auf den Lofoten. Klingt auch alles ganz toll und ich gebe zu, dass ich diese Länder im Laufe meines Lebens noch gerne bereisen möchte. Dennoch stelle ich mir aktuell die Frage ob dies tatsächlich für die Gestaltung eines zufriedenen Lebens wichtig ist, viele Länder und Kulturen gesehen und erlebt zu haben. Ich habe nämlich das Gefühl, dass sich hier vor dem Hintergrund einer weltweiten Pandemie und des Klimawandels ein Umdenken abzeichnet. Auch im Internet möchte ich behaupten, dass der Reiseblogger-Boom insbesondere in den Sozialen Medien längst seinen Peak überschritten hat. Bei dem einen oder anderen habe ich sogar bereits von einer öffentlich geteilten Abkehr vom Nomaden-Dasein, hin zu einem bewussten Verzicht auf Fernreisen gelesen – hauptsächlich aus ökologischen Gründen. Die Corona-Pandemie wird diesen Effekt zumindest aktuell noch verstärken. Dieser Tage kam mir außerdem zu Ohren, dass die Mecklenburger Seenplatte das neue Wunschziel innerhalb Deutschlands ist, neben einem Run auf Ferienwohnungen an Nord- und Ostsee, jetzt wo die Beschränkungen nach und nach aufgehoben werden. Auch mit einem gemieteten Boot in Holland umherzuschippern liegt diesen Sommer wie ich meine ziemlich weit Vorne, ebenso wie ein Roadtrip nach Kroatien. Ich habe vor Kurzem sogar den Blog Walk&Wonder entdeckt, der sich ausschließlich mit heimischen Gefilden der Autorin und dessen schönste Spaziergänge befasst. Für bewusste Auszeiten innerhalb des Alltags. So ganz nach dem Motto: Wozu in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah? Ich frage mich ob sich dieser Trend, sollte Corona perspektivisch weltweit im Griff sein und alle Reisebeschränkungen fallen, durchsetzen kann oder ob wir doch wieder in Ferne schweifen? Ein „back to normal“ sozusagen weil wir das Reisen in die entferntesten Länder dieser Welt nach wie vor als einen Aspekt von von einem erfüllten Leben betrachten?

Dieses Kribbeln im Bauch

Zurück zu meiner Bucket List: Ich muss ehrlich gestehen, dass ich selbst, wenn ich mich aus dem Alltag wegträume, tatsächlich meist in weit entlegenen Plätzen dieser Welt sehe. Und wenn ich jetzt mit dem Aspekt der Horizonterweiterung komme, würde der eine oder andere sicher entgegnen: Das kannst du auch in Europa. Dafür muss man nicht nach Kanada, Norwegen oder Süafrika. Schon richtig. Das seltsame ist aber: Je weiter entfernt mein Flugziel liegt, desto aufgeregter, kribbeliger bin ich und je größer ist die Vorfreude. Warum ist das so? Wenn ich so wie vor 2 Jahren beispielsweise für einen 2h Flug und eine Woche Auszeit in Griechenland aufbreche, dann ereilen mich solche Gefühle nicht im Geringsten. Auch wenn ich noch nie in dem Teil des Landes gewesen bin, mich also ebenfalls eine gänzlich neue Umgebung erwartet. Letze Woche entdeckte ich diesen Dokufilm Experienca Happiness auf Netflix. Der Film handelt von einem Pärchen, das in einem alten umgebauten Bus einen Roadtrip von Kanada, nach Alaska durch USA und zuletzt Mexiko macht. Ich konnte mich vor Begeisterung kaum auf dem Stuhl halten. Diese Natur, diese Weite, diese Landschaftsbilder…ich war in Gedanken dort und wusste: In den nächsten 2 Jahren muss ich da hin, egal wie. Hinzu kam ein wunderschöner Soundtrack und da war es: Dieses Kribbeln im Bauch! Ich war so hin und weg von den Eindrücken, dass ich die folgenden Tage ausschließlich mit dem Soundtrack im Ohr verbrachte.

Die andere Seite der Medaille

Wer den einen oder anderen Artikel meines Blogs bereits gelesen hat, der weiß, dass ich, insbesondere im letzten Jahr, nach und nach meinen Fokus vom Außen nach Innen ändere. Ich praktiziere Achtsamkeit, ich meditiere, ich beschäftige mich mit Spiritualität und bemerke sehr deutlich, dass ich dadurch mehr Zufriedenheit und Sinnhaftigkeit in meinem Alltag erfahre. Dass es mein Leben als Ganzes noch ein Stückchen lebenswerter macht, wenn ich mir diesen Raum der Ruhe gebe und mich gut um mich selbst kümmere. Bedeutet im Umkehrschluss: Man benötigt diese großen Reisen auf der Bucketlist sicher nicht zwingend für ein erfülltes Leben. Die Frage die dem zugrunde liegt ist eher: Was ist mein konkretes Bedürfnis? Was gibt mir ein Gefühl von Sinnhaftigkeit? Mein Bedürfnis ist es definitiv, dieses Kribbeln der absoluten Vorfreude durch völllig neue Erlebnisse in mein Leben zu integrieren. Das ist ein bisschen wie sich das Gefühl des Kindseins zu bewahren oder es für kurze Auszeiten zurück zu holen. Diese Entdecken des Neuen, das im Alltag ja in der Form für einen im Leben stehenden, erwachsenen Menschen nicht möglich ist. Früher war eben der abgelegene Waldpfad, 500 Meter vom Elternhaus entfernt, eine komplett neue Welt mit ungewohnten Gerüchen, Entdeckungen und Überraschungen. Wie wundervoll das doch ist! Ich für meinen Teil träume hierfür von den endlosen Weiten Kanadas und freue mich jetzt schon wie ein kleines Kind wenn es irgendwann soweit ist.

Übrigens stehen auch noch außer Reisen unter anderen diese Punkte auf meiner Liste: Ein Buch schreiben, so viele Bücher wie möglich lesen, nichts bereuen, einen braunen Labrador bei mir aufnehmen oder als Rentnerin Gastvorlesungen an der Uni besuchen. Auch diese Ziele sind wichtig für mich aber ich glaube wahre Sinnhaftigkeit bekomme ich aus dem richtigen individuellen Mix aus allem. Reisen inklusive. Ich für mich spüre, dass daran auch Corona perspektivisch nichts ändern wird, wie lange diese Krise auch immer dauert. Aber das muss jeder für sich selbst herausfinden wie er das Thema Reisen, abhängig von den eigenen Wertvorstellungen aber auch Bedürfnissen in Zukunft für sich gestalten möchte.

Die Inspiration für diesen Text sind diese zwei Videos:

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