„Es gibt zwei Arten sein Leben zu leben: entweder so, als wäre nichts ein Wunder, oder so, als wäre alles eines. Ich glaube an Letzteres.“
Albert Einstein
Bis vor nicht allzu langer Zeit hätte ich definitiv mit Nein geantwortet. Wunder sind so etwas wie ewige Liebe von Hollywood derart verklärt worden, dass für mich dieses Wort allein sofort den Gedanken an Hollywood-Schnulzen und Märchen auslöste. Nicht real, nicht im wahren Leben, nicht für mich. Je mehr ich mir jedoch darüber bewusst werde, welche Macht im bewussten Denken liegt und wie wir dadurch aktiv unsere Gefühls- und Erfahrungswelt beeinflussen, desto mehr eröffnet sich mir innerlich der Raum, dass es Wunder geben könnte. Wenn ich das möchte. Wenn ich es zulasse. Wenn ich daran glaube.
Was ist ein Wunder überhaupt?
Wikipedia erklärt mir Wunder seien umgangssprachlich ein Ereignis, dessen Zustandekommen man sich nicht erklären kann, sodass es Verwunderung und Erstaunen auslöst. Es bezeichnet demnach allgemein etwas Erstaunliches und Außergewöhnliches.
Aber was ist es, das dich erstaunt, das dich verwundert, dich sprachlos macht? Ist es ein Lottogewinn, die Liebe auf den ersten Blick, der ausgegrabene Aztekenschatz im eigenen Garten? Als das könntest du dir wahrlich nicht erklären obwohl du natürlich immer insgeheim gehofft hast, dass dich das Wunder von Reichtum und Liebe eines Tages trifft. Oder aber ist es ein Wunder, dass du morgens mit einem Kaffee auf deiner Terrasse sitzt und plötzlich ein Vogel auf deiner Nase landet? (Ok klingt irre aber ist meinem Vater genau so passiert ;-)).
Beide Ereignisse können Erstaunen und Verwunderung auslösen und dennoch sind sie so unterschiedlich wie sie nur sein können. An der Stelle begreift man die Wahrheit hinter Albert Einsteins Zitat: Ob es Wunder gibt liegt nur an uns selbst ganz allein. Die Art und Weise wie wir die Welt sehen, sehen möchten.
Eine erste vage Vorstellung davon, dass tatsächlich alles ein Wunder ist, hatte ich vor vielen Jahren im Yosemite Nationalpark. Noch nie in meinem ganzen Leben war ich so sprachlos, so erstaunt so blown-away vom Wunder der Schönheit, die in dieser Natur liegt. Ich stand da voller Demut, schaute einem Wasserfall zu und wie sich Regenbogenfarben in ihm brechen. Und wie ich da stehe, ich kleines Lebenwesen, so voller Ehrfurcht und diese unglaubliche Schöpfung bewundern darf. Oder die Aussicht vom Glacier Point über das Yosemite Valley, die Wasserfälle Nevada Fall und Vernal Fall, die Liberty Cap, den Half Dome und den Tenaya Canyon. Noch heute, jetzt in diesem Moment erwacht in mir dieses Gefühl, das ich ab diesem Zeitpunkt auf allen Reisen wieder suchte: Dieses Wunder der Verbundenheit mit der Natur. Und deshalb träume ich von einem Camper-Trip durch Kanadas Weite, die vermutlich an Naturwundern kaum zu überbieten ist. Gerade komme ich innerlich so ins Schwärmen, bin so voller Vorfreude, dass ich dankbar bin für das Wunder dieses Augenblicks, damals im Yosemite, das ich bis heute in mir trage.

Ich weiß jetzt: An Wunder zu glauben ist nicht kitischig, nicht abgehoben, nicht fernab jeglicher Realität. Nein, es ist meine Realität wenn ich es zulasse. Und wahrlich benötigt es dafür nicht den Yosemite oder irgendeinen anderen riesigen Nationalpark. Und schon gar keinen Lottogewinn oder Liebe auf den ersten Blick. Es kann auch ein 1-Cent Stück sein, das ich vor mir auf dem Gehweg finde. Oder aber ein zartes, langsam wachsendes Gefühl von Verbundenheit sein, das sich plötzlich in Liebe wandelt. Es kann alles sein! Oder nichts.
Du hast die Wahl! Jeden einzelnen Tag.
Das erinnert mich an Etty Hillesum: „Alles ist Zufall oder nichts ist Zufall. Wenn das erste stimmen würde, könnte ich nicht leben. Doch ans zweite kann ich noch nicht ganz glauben“. (Tagebücher „Das denkende Herz“)
Dank und Gruss aus der Schweiz
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