Heute ist der 12. Dezember, Weihnachten naht in großen Schritten, der zweite Lockdown steht ebenfalls vor der Türe und in meinem Kopf geht seit Wochen der Punk ab. Summa summarum befinden wir uns also vorm absoluten Showdown des Jahres 2020. Das alles lässt uns wachsen Leute aber davor geht’s so richtig ans Eingemachte. Allein-Sein an Weihnachten zum Beispiel ist schon durchaus eine emotionale Herausforderung für sich, die das Corona-Jahr garantiert vielen Menschen in diesem Jahr beschert. Familien im ganzen Land, ja in der ganzen Welt werden getrennt verbringen um sich gegenseitig zu schützen. Ich selbst verbringe Weihnachten zum ersten Mal ohne Familie aber nicht allein. Dennoch: Wie überleben wir diesen Corona-Dezember zwischen Wachstumsschmerz, Einsamkeit und Trennung ohne uns vollkommen verloren zu fühlen? Oder ist es genau das, was uns am Ende wachsen lässt?
Kontrolle ist eine Illusion
Wenn uns das Jahr 2020 eines gelernt hat, dann dass wir keine Kontrolle über unser Leben haben. Dass das Gefühl im Leben alles im Griff haben zu müssen und auch zu können reine Illusion ist. Heute denkst du hey, alles easy, das Leben läuft und am nächsten Tag bricht ein Virus aus, das sich weltweit in rasender Geschwindigkeit ausbreitet und uns aus unserem gewohnten Kontrolleti-Leben reisst. Wir sind gezwungen uns nach drinnen zu verziehen um uns gegenseitig zu schützen. Bald zum zweiten Mal, denn das Virus zeigt uns aktuell erneut, dass es sich nicht kleinkriegen lässt, auch wenn wir alle mit Masken durch die Gegend laufen. Meine Gefühlswelt sieht ähnlich aus. Ich fühle mich meinen schlechten Gefühlen ausgeliefert und ich komme dem nicht bei. Egal was ich auch versuche in diesen Tagen, nichts hilft wirklich. Deshalb habe ich nun nach Wochen des Kampfes kapituliert. Es geht mir gerade schlecht. Punkt. Und es geht wieder vorbei, früher oder später.
Allein-Sein kann schön sein und weh tun gleichermaßen
Dass es wichtig ist gut mit sich selbst auszukommen, ist keine neue Erkenntnis. Zeit mit sich selbst als Geschenk zu begreifen, das einen von Innen heraus nähren kann, für mich persönlich aber schon. Weil Reflexion und Selbsterkenntnis Ruhe benötigen und Allein-Sein-Zeit. Dies schützt einen natürlich nicht vor Momenten, gar Zeiten, in welchen das Allein-Sein sich als Einsam-Sein anfühlen kann. Insbesondere dann, wenn dem, wie oben erläutert, Lebenssituationen von Trennung oder Abschied, vorausgehen. Auch ich nehme gerade emotionalen Abschied von den nahestehendsten Menschen meines Lebens weil sie mir nicht gut tun und weil ich Distanz brauche um mich zu entwickeln. Und um meinen eigenen Weg zu finden und meine ganz persönliche Wahrheit. Dies kann bedeuten, dass wo man vor Monaten im Allein-Sein noch regelrechte Hochphasen des Selbsterlebens gefeiert hat, nun plötzlich das Allein-Sein so weh tut, dass es fast nicht auszuhalten ist. Es ist ein inneres Pendel, das stetig hin- und herschwingt. Und gerade pendelt es stur über dem Nordpol bei gefühlten minus 40 Grad im Herzen. Abwarten und Tee trinken sage ich mir täglich, denn das Pendel steht niemals still und so warte ich und scharre innerlich mit den Hufen bis es wieder gen Südpol ausschlägt.
Loslassen ist essenziell
Das ganze Leben ist geprägt von Abschied und Trennung. Abschied von alten Freunden, deren Leben sich in andere Richtungen entwickelt haben, von Menschen, die diese Erde verlassen. Trennung von Familien, die sich entzweien, von Partnern, die weiterziehen von Jobs, die nicht mehr zu einem passen. Im ersten Augenblick fallen wir in eine Art Schockstarre des Schmerzes, unfähig zu verarbeiten, was einem da gerade widerfährt. Nicht selten fühlt es sich an, als würde der Boden unter unseren Füßen weggerissen. Es beginnt eine Zeit des Vakuums, des luftleeren Raumes, die sich einfach nur anfühlt als wäre nichts mehr geblieben. Darauf folgen Gefühle von Verlust und Trauer. Diese tun weh, zerreissen uns beinahe innerlich, sind aber bereits der erste wichtige Schritt im Verarbeitungsprozess und auf dem Weg hin zum Loslassen, der einer Befreiung gleichkommt. Bis dahin dauert es, denn nach Verlust und Trauer folgt nicht selten eine gleißende Wut. Auf den Menschen, der es sich erlaubt hat von uns zu gehen, auf den Ex-Partner diesen A… und den alten Chef diese Pfeife. Die Wut tut gut und ist wichtig, weil sie der Katalysator zur inneren Veränderung ist. Sie setzt Energie frei und schafft endlich den Raum für eine neue Perspektive. Dass es ein Leben geben kann ohne den Menschen, der kürzlich gehen oder von dem wir uns entfernen mussten. Und dann irgendwann kommt der Moment, an welchem wir bereit sind Loszulassen. Wirklich erst dann, wenn wir innerlich Frieden schließen und den Abschied akzeptieren, sind wir frei.
Nähre die Hoffnung in deinem Herzen
Hoffnung ist ein großes Wort. Nicht umsonst stirbt sie immer zuletzt. Nicht nur im Sprichwort, sondern auch im Leben. In jedem noch so hoffnungslosen Moment kann das kleine Menschlein einen Funken Hoffnung finden. So sind wir gestrickt. Sonst wäre dieses Leben auf diesem Erdball oftmals nicht auszuhalten. Ich möchte im letzten Absatz Worte der Hoffnung formulieren. Nicht nur für mich selbst sondern für uns alle. Dass wir als Individuum und als Gemeinschaft hoffnungsvoll und mit weiterentwickeltem Bewusstsein aus dieser Pandemie und aus unseren persönlichen Krisen emporwachsen. Dass unsere Herzen, so schwer sie in diesen Tagen möglicherweise auch wiegen, so hoffnungsvoll an das Licht am Ende des Tunnels glauben. Wenn wir dies alle gemeinsam tun, es zumindest versuchen, dann können wir mit neuer Stärke als Mensch und als Teil dieser Gesellschaft vieles zum Besseren verändern. Daran will ich glauben. Heute und auch morgen.